Historische Dokumente und Autographen
Zyli, Caspar - Spediteur und Tuchhändler, «Urvater» der Bank Wegelin & Co + Notenstein AG
Portrait von Caspar Zyli.
Schöner Brief mit papiergedecktem Siegel aus St. Gallen vom 26. Oktober 1795. Caspar Zyli instruiert die Speditionsfirma Daniel und Ambrosi Massner in Chur betreffend der Lieferung von diversen Waren an Kunden in der Schweiz und Italien. Bei den etwas fetter geschriebenen Buchstaben auf der linken Seite des Briefs, handelt es sich um Warenzeichen.
Caspar Zyli (auch Zili) gründete im Jahr 1741 in St. Gallen eine Einzelunternehmung namens «Caspar Zyli, Leinentuchhandel und Speditionshandlung». Mit diesen Aktivitäten waren zunehmend auch Bankgeschäfte verbunden. Sein Sohn Hans Anton erwarb 1798 das alte, bekannte Gebäude «Nothveststein»* in St. Gallen, welches -neu erbaut- Hauptsitz der Bankaktivitäten wurde. 1860 wurde Emil Wegelin-Wild, ein Neffe Zylis, Teilhaber der Bank. Unter ihm begann die Konzentration des Geschäfts auf die Vermögensverwaltung. 1893 wurde das Unternehmen in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt und betrieb unter dem Namen «Wegelin & Co.» ein reines Bankgeschäft.
Das St. Galler Bankhaus Wegelin & Co. zählte 1990 rund 30 Mitarbeiter. Anfang der 1990er Jahre traten Konrad Hummler und Otto Bruderer als geschäftsführende Teilhaber ein. Das Traditionshaus wurde in der Folge auf modernes Portfoliomanagement und Finanztheorie ausgerichtet. 2011 zählte die Privatbank 700 Mitarbeiter an 13 Standorten. Anfang 2012 geriet die Bank im Zusammenhang mit dem Steuerstreit zwischen den USA und den Schweizer Banken ins Visier der US-amerikanischen Justiz, obwohl Wegelin & Co. keine Niederlassungen in den USA hatte. Die privat haftenden Bankiers sahen die Situation für ihr Bankhaus als so bedrohlich an, dass sie am 27. Januar 2012 das Unternehmen aufteilten. Die nicht-amerikanischen Kunden der Privatbank Wegelin & Co. wurden in eine neue Bank «Notenstein Privatbank» ausgelagert, welche von der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft übernommen wurde. Der Bankbetrieb des Bankhauses Wegelin & Co. - sie galt als die älteste Privatbank der Schweiz - wurde per 2013 eingestellt.
* In diesem Gebäude versammelten sich die seit dem Jahr 1437 die urkundlich bekannten «Notensteiner». Bei den Notensteinern handelte es sich um eine Gruppe handverlesener St. Galler Bürger. Diese Bürger hatten ein gemeinsames Merkmal: sie waren alle steinreich und gingen keinem Handwerk nach. Sie betrieben Handel, ohne einen Laden zu führen. In den alten Satzungen der Stadt St. Gallen nannte man sie «Müssiggänger», damals nicht abwertend gemeint. Mitglieder der Familie Zyli gehörten bis zur französischen Revolution in 1798 zu den Notensteinern, wobei die sie allerdings nach dem Dreissigjährigen Krieg im Jahre 1644 wegen einer vorübergehenden Verarmung aus der Gesellschaft der Notensteiner entlassen, später aber - nachdem sie wieder zu Reichtum gekommen waren - wieder in die Gesellschaft aufgenommen wurde.
Grösse und Beschaffenheit des Dokuments: 24x19 cm, Papier. Schönes papiergedeckter «Zyli»-Siegel.