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Historische Dokumente und Autographen

Wattenwyl, Niklaus Rudolf - Bedeutende Schweizer Persönlichkeit, Militär und Politiker

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Brief m. U. von Niklaus Rudolf WATTENWYL (*1760 - †1832) als amtierender Schultheiss von Bern, gegengezeichnet von Samuel Abraham GRUBER, Staatsschreiber, an den Oberamtmann zu Saanen, Christian Matti. BERN, 2. Dezember 1825. 1 p. in-Fol. Adresse. - Bezüglich des «Grossen Gauner- und Kellerhandels» der Jahre 1824 bis 1827, der als der grösste Sensationsprozess der Restaurationszeit in der Schweiz gilt. Im Zuge des Prozesses wurden die Hauptverdächtigen Klara Wendel (1804-1884) und ihr älterer Bruder Johann Wendel «Krusihans» (1795-1831) zu Häuptern einer gefährlichen Räuberbande stilisiert, auf deren Konto zahlreiche Morde, Brandstiftungen und Diebstähle gingen. Die beiden gestanden auch den Auftragsmord am Luzerner Schultheiss Franz Xaver Keller (1772-1816), wurden in der Folge dafür aber vom Gericht nicht als schuldig befunden und kamen mit Gefängnisstrafen davon.

Transkription:

«Dem wohledelgebornen unserm lieben u(nd) getreuen großen Rathsverwandten Christian Matti, Oberamtmann

zu Sanen

[Empfängervermerk:] No. 2293 vom 2. Dec(ember) 1825. Schulheiß u. Rath Weisungen sehend die Gauner-Prozedur im Kanton Luzern.

Kreisschreiben

Schultheiß und Rath der Stadt und Republik Bern.

Unser Gruß bevor, wohledelgeborner, lieber und getreuer Oberamtmann!

Zu Fortsetzung der in Luzern angehobenen Gauner-Prozedur und jenen, welche durch die von den Gaunern einbekannte Ermordung des Herrn Schultheiß Keller veranlaßt werden und deren Fortsezung und Beendigung nach Zürich verlegt wird, sind zwey Commißionen zu Zürich und zu Luzern niedergesezt worden. Beide diese Commißionen dürften in dem Fall seyn, Requisitorialien an den einen oder andern unserer Oberamtleute gelangen zu laßen.

Da nun alles daran gelegen ist, die Arbeiten dieser Commißionen zu erleichtern und zu befördern, so tragen wir Euch auf, den von denselben allfällig an Euch ergehenden Requisitorialien sofort Folge zu leisten; uns aber davon Kenntnis zu geben. Gott mich Euch!

Bern den 2. Decemb(er) 1825.

Der Amts-Schultheiß

R. von Wattenwyl

Der Staatsschreiber

Gruber»

Niklaus Rudolf von WATTENWYL (*1760 - †1832), ref., von Bern. Sohn des Rudolf Sigmund und der Louise Elisabeth Emilie von Ernst, Tochter des Hieronymus Friedrich von Ernst. Wattenwyl genoss eine Ausbildung bei Hauslehrern und in einem Strassburger Institut. 1776-84 verfolgte er eine militärische Karriere in niederländ. Solddienst. 1795 war er Landmajor im Regiment Thun. Im Stecklikrieg 1802 kommandierte er ein Oberländer Bataillon. 1805 wurde er Mitglied des eidg. Generalstabs, dessen Schaffung z.T. sein Werk war. 1805, 1809 und 1813-14 vertraute ihm die Tagsatzung den Oberbefehl über die eidg. Truppen an. Seine Pläne zur Zentralisierung des schweiz. Heerwesens scheiterten am Widerstand der Kantone und Napoleons.

Seine polit. Laufbahn begann W. als Berner Grossrat 1795-98. Er gehörte 1798 der provisor. Regierung an und war 1803 Mitglied der Consulta in Paris. 1803-29 versah er, im Wechsel mit Niklaus Friedrich von Mülinen, Christoph Friedrich von Freudenreich und Emanuel Friedrich von Fischer das Schultheissenamt. Ab 1827 war er das Haupt der Reformpartei. Bereits 1830 hatte er Kontakte zu den Schnell'schen Liberalen, denen er Wirtschaftsfreiheit, Steuererleichterungen und Abschaffung der Zensur als Konzessionen des Patriziats anbot. Er erwirkte am 6.12.1830 die Ernennung einer grossrätl. Kommission, welche die Wünsche des Volks ergründen sollte, lehnte aber die Wahl in den Verfassungsrat ab. Am 24.6.1831 reichte er einen eigenen Verfassungsentwurf ein, der auf einem Konzept von Fischers basierte. Nach der Machtübernahme der Liberalen plädierte er vergeblich für eine loyale Mitarbeit des Patriziats im neuen Staat. Da er seine polit. Intentionen denen von Mülinens und Abraham Friedrich von Mutachs - der beiden anderen führenden Reformer in Bern - nicht anpasste, blieb ihm die Mitgestaltung des liberalen bern. Staats verwehrt. Seine historische Leistung besteht im unblutigen Übergang Berns vom Patrizier- zum Volksstaat.

1804 und 1810 leitete Wattenwyl als Landammann der Schweiz die über wenig Spielraum verfügende schweiz. Aussenpolitik. Sein Verhältnis zu Napoleon war kühl. Diplomat. Missionen zu ihm nach Chambéry, München und Paris zeigen W. als geachteten Diplomaten, dennoch verlor er den Kampf gegen die Kontinentalsperre. Hinter seiner harten Haltung gegen die zürcherischen Rebellen im Bockenkrieg 1804 stand die Absicht, durch rasche Unterdrückung der Unruhe einer franz. Intervention zuvorzukommen. Trotz seiner spröden und gelegentlich wenig beweglichen Art genoss er in der Tagsatzung, die er 1817, 1823 und 1829 präsidierte, hohes Ansehen. Besitzer von Schloss Landshut. Ritter des königlich preuss. Roten Adlerordens.

Grösse und Beschaffenheit des Dokuments: 34x21 cm, Papier.