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Historische Dokumente und Autographen

Wetter, Johannes - Landesstattthalter von Appenzell. Politischer Vermittler

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Johannes Wetter, Landestatthalter von Appenzell Ausserrhoden 1823-1824. - Brief m. U., gegengezeichnet von Johann Conrad SCHÄFER (1772-1831), Ratschreiber, an Landammann und Rat des Kantons Unterwalden ob dem Wald in Sarnen. Herisau, 17. Oktober 1823. 1 p. in-fol. Adresse. Bezüglich des aus der Eidgenossenschaft verwiesenen Leodegar Bucher aus Kerns.

Transkription:

«An den Landammann und Rath des Kantons Unterwalden ob dem Wald, U(nsern) g(etreuen) l(ieben) Eidsgenoßen.

Sarnen

An den Landammann und Rath des Kant(ons) Obwalden

Getreue liebe Eidsgenoßen !

Mitt Eürer verehrlichen Zuschrift vom 3n dieses Monats haben wir den Personalbeschrieb des für 10 Jahre aus der lob(lichen) Eidsgenoßenschaft verwiesenen Leodegar Bucher von Kerns wohl erhalten und diesfalls die hieseits übliche Bekantmachung deßelben angeordnet.

Wenn wir einerseits an der Ausführbarkeit eines Bannisvermerks(?) bloß moralisch strafbarer Individuen in einem Zeitpunkte, wo der Besiz aller Legitimations-Schriften zur Ansiedlung an jedem Orte nöthig u. die Rückweisung in seine Heymath beym ersten Vergehen rechtlich u. unabwendbar ist, billig zweifeln müßen, und anderseits unsere Matrimonial-Geseze die Frucht jedes außerehelichen Beyschlafes der erwiesenen Mutter Erbs u. Heymathrechts halben zuerkent: so kan unser Orts nicht mit genügender Überzeugung, den von Euch g(etreuen) l(ieben) Eidsgenoßen! hegenden Grundsäzen in vorligendem Fall gehuldigt werden. Inzwischen verdanken wir Euch die gefällige Mittheilung und empfehlen anbey Euch samt uns der Obhut des Höchsten.

Herisau am 17n. Octobre 1823.

Landammann u. Rath des Kantons Appenzell V(ordere) R(hoden) und in deren Namen unterzeichnet: der regier(ende) Landesstatthalter

Joh(anne)s Wetter

Der Rathschreiber

J.(?) Schaefer»

Dieses Dokument wurde von Johannes WETTER (*1779 - †1828) aus Herisau unterschrieben. Er war Kaufmann und Landesstatthalter (1823-28) und Abgeordneter an die Tagsatzung in Bern in 1823. Er vermittelte im Streit zwischen Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden. - Er war ein Sohn von Joh. Ulrich, der als Musselinfabrikant und Landesstatthalter (1793-96) in Herisau tätig war. Joh. Ulrich war ein Förderer von wissenschaftlichen und wohltätigen Bestrebungen und war während der Revolutionszeit (1798-1803) Führer der französisch Gesinnten in Herisau und wurde deshalb am 2.6.1799 von den Österreichern zusammen mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen gefangen genommen und nach Bregenz geführt.

Das Geschlecht der WETTER ist seit 1412 im Appenzell urkundlich bekannt, waren vorwiegend in Gais beheimatet und als Bauern und teilweise auch als Söldner tätig. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gelang ihnen durch den Leinwandhandel und politische Ämter einen wirtschaftlichen Aufstieg. Familienmitglieder welche sich in Herisau angesiedelt hatten, waren bis 1820 führende Textilkaufleute, welche insbesondere mit Frankreich regen Handel betrieben. 

Als Führer der demokratischen Kräfte prägten die Wetter die Politik im Kanton Appenzell Ausserrhoden des 18. Jahrhunderts nachhaltig. Ihren Aufstieg begleiteten harte Auseinandersetzungen mit den fast unumschränkt herrschenden Fam. Tanner aus Herisau und Zellweger aus Trogen. Im Zusammengehen mit den Familien Gruber, Schiess und Meyer schufen die Wetter einen machtpolitischen Gegenpol. In den Wirren des Landhandels (1732-34) gelang die Eindämmung der politischen Gegner, worauf die Wetter selbst eine Art Familienherrschaft errichteten. Eine Heirat zwischen einem Angehörigen der Fam. Wetter und der Fam. Zellweger markierte 1754 die Anerkennung ihrer Stellung und zugleich die Versöhnung mit den ehemaligen Rivalen. Zwischen 1718 und 1797 stellten die Wetter in drei Generationen vier Landesbeamte, wovon drei Landammänner, und sassen während 68 Jahren in der Landesregierung. Machtfülle und Reichtum bezeugen zwei um 1737 vollendete Häuser am Platz in Herisau. Kompromittiert als Führer der Franzosenpartei wurden die Wetter nach der Helvetik politisch ausgeschaltet. Nur noch einmal, 1820-24, gelangte ein Familienmitglied in die Kantonsregierung.

 

Grösse und Beschaffenheit des Dokuments: 32x21 cm, Papier. Interessanter Stempel.